Führung im Kölner Stadtteil Chorweiler [Kerpen]

am 19.09.2018

Bericht: Marianne Böhne

Treffen sich 2 Schwaben (langjährige Gastarbeiter in Köln):

S1   "Send sia scho amol en Chorweiler gwesa?"
S2   "Noi."
S1   "Aber sia kennet doch sicher dia Linie iber Longerich?"
S2   "I han eigentlich gar net nomwella. Aber ..."

Ich wollte da eigentlich gar nicht hin.... der Bezirk Chorweiler (ein Bezirk besteht aus mehreren Stadtteilen) liegt im Kölner Norden und kann autofrei mit den S-Bahn Linien 11 und 15 oder mit Regionalbahnen, die das Stadtgebiet in Richtung Krefeld und Düsseldorf verlassen, erreicht werden.

Die Erschließung dieses Gebiets begann bereits in den 1920er Jahren unter der Schirmherrschaft des damaligen Oberbürgermeisters Konrad Adenauer, als es also weder die Ford-Werke, den Esso Chemiepark, noch den benachbarten Niehler Hafen als mögliche Arbeitgeber gab. Das städtebauliche Konzept (von Fritz Schumacher) sah einen neuen "Stadtteil im Grünen" vor den Toren der Stadt vor mit guter öffentlicher Verkehrsanbindung an die Innenstadt. Der Name wurde von einem "Chorbusch" genannten Feuchtgebiet in diesem Stadtbezirk und dem benachbarten Stadtteil Weiler abgeleitet. Als Baukörper schwebten den Planern Einfamilienhäuser mit großen Gärten und öffentlichen Parkanlagen vor.

Die Umsetzung des Konzepts begann erst viel später zu Beginn der 1960er Jahre und daher mit einer geänderten Bauweise. Es wurden nur wenige Einfamilienhäuser errichtet. Nach dem Wiederaufbau der Kölner Innenstadt fehlte Wohnraum in der industriell aufstrebenden Rhein-Metropole. Den auswärtigen Besucher, der das Zentrum Chorweilers heute per U-Bahn oder Straßenbahn erreicht, verblüfft die großzügige räumliche Anlage der den Pariser Platz umgebenden Wohnhäuser und Straßenzüge. Die meisten Häuser sind 3-, höchstens 5-stöckig mit verkehrsberuhigtem Zugang, eigenen Autostellplätzen, Bäumen und Kleingärten vor der Tür + unterirdischen Parkgaragen. Es gibt hier keinen 'Durchgangsverkehr' für Autofahrer. Fußgängerbereich und Straßen sind voneinander getrennt und verlaufen häufig auf unterschiedlichen Ebenen: Autos unten - Fußgänger oben. Das ist vor allem für Familien mit kleinen Kindern paradiesisch, weil sie vor dem Haus in Sichtweite gefahrlos spielen können. Von allen Wegen zwischen diesen Häusern führen kurze Wege zu öffentlichen Spielplätzen und zwei großen Parkanlagen, dem Olof-Palme-Park und den Grünflächen, die sich nordöstlich bis an den Fühlinger See erstrecken. Insgesamt vermittelt der Stadtbezirk mit seinen Wald- und Ackerflächen, den nahe gelegenen Rheinwiesen und den zum Teil dörflich geprägten Stadtteilen einen eher ländlich strukturierten Charakter.

Unter der bewährten Führung von Thomas van Nies hat sich unsere zahlenmäßig überschaubare Gruppe bei sommerlichen Temperaturen per pedes auf Entdeckungsreise begeben. Zwei Architekten haben hier bleibende Spuren hinterlassen: Gottfried Böhm und Oswald M. Unger. Letzterer baute zuerst ein- und zweigeschossige kubische (d.h. würfelförmige) Mehrfamilienhäuser mit damals modernen Sichtbetonelementen - als Eigentumswohnungen. Dieses attraktive Wohngebiet liegt heute im Stadtteil Seeberg - mit Chorweiler durch den Olof-Palme-Park verbunden. Gottfried Böhm baute auf der gegenüberliegenden Parkseite mehrgeschossige Wohnanlagen und großzügige Mietwohnungen für 2 bis 3 Parteien mit auch heute noch gut bezahlbaren Aufwendungen (Nachweis über Mietberechtigungsschein). Chorweiler gilt als Trabantenstadt von Köln und hat leider ein miserables Image. Das liegt vor allem an der ca. 1975 in Chorweiler-Nord errichteten Hochhaussiedlung, die wir nicht besucht haben. Merke: Chorweiler und Chorweiler-Nord sind nicht nur 2 verschiedene U-Bahn-Stationen sondern auch zwei Welten. Alle Klischees, die zum "sozialen Brennpunkt", zur verbreiteten Arbeitslosigkeit und zur zwielichtigen Bevölkerungsstruktur führen, beziehen sich auf Chorweiler-Nord. Allerdings wirkt auch das eigentliche Zentrum Chorweilers nicht besonders einladend. Zwei bis drei Straßenkehrer, die hier regelmäßig Dienst tun, würden dem Wohnumfeld gut tun. Ein Brunnen vor dem religiösen Gemeindezentrum (Christen und Juden), der nicht plätschert, und Blumenbeete, die nur graue, verwelkte Stauden vorweisen und ein zentraler Marktplatz, der überwiegend als Autoparkplatz dient, können niemanden zum Spielen und Verweilen einladen.

Natürlich hat sich in den letzten Jahren einiges getan u.a. durch die Verlegung einiger Ämter der Stadtverwaltung nach Chorweiler und attraktiver Arbeitgeber mit überregionaler Bedeutung und man möchte den Bewohnern gerne wünschen, dass sich ihr Stadtteil weiterhin zu einem lebendigen und lebenswerten Kölner Vorort wandelt. Wir haben uns an diesem Vormittag einen kleinen Überblick verschafft und dabei mühelos gut 6 km zurückgelegt. Daher war es uns vergönnt, die positiven Eindrücke abschließend 'im OKLO' bei einem Imbiss im Gespräch zu vertiefen.

 

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